25 Jahre Nikolaus vom Bodensee (2006)


 

Vorwort

Dies sind Erinnerungen an eine lange Zeit als Nikolaus.

Ich glaube, dass es nicht arg viele „Nikoläuse“ gibt, die auf eine 25-jährige „Dienstzeit“ zurückblicken können – wir, das sind mein Knecht Ruprecht und ich – können es.

 

Es ist eigentümlich, aber wir schaffen es in jedem Jahr den Termin 5. Dezember frei zu halten.

Anfangs, noch als Schüler, war das ja kein Problem, aber auch heute, trotz vieler geschäftlicher Termine, der 5. Dezember wird ab nachmittags freigehalten.

 

Auch wenn wir von anfangs 2 Kindern heute bei über 40 Kinder pro Nikolausabend sind und unser eng gesteckter Terminplan manchmal fast Stress aufkommen lässt, es macht immer wieder Spaß.

Das schönste für mich sind immer die großen Augen der Kinder, wenn sie hören was der Nikolaus so alles weiß, das kleinlaute „Ja, Nikolaus, ich verspreche, dass ich das nicht mehr mache.“

 

Wir können uns die Kundschaft aussuchen, gehen fast nur zu Freunden und Bekannten und kennen die Kinder eigentlich auch unter’m Jahr.

Es ist erstaunlich, wie sich der größte Lausbub in ein zahmes Lämmlein verwandelt.

 

In den Tagen vor Nikolaus wird proletet: „Es gibt keinen Nikolaus, das spielt nur einer. Der kann mir gar nichts, dem geb’ ich schon die richtigen Antworten…“

 

Aber wenn er dann in voller Größe samt Knecht Ruprecht im Wohnzimmer steht und all die kleinen und größeren „Sünden“ kennt  – Schluck.

 

Das „gemeinste“ ist das, dass ich die „Sündenkartei“ bis zum nächsten Jahr behalte, und kurz vor dem Nikolaustag durchlese.

Da kommt es schon mal vor, dass ich, während ich aus dem goldenen Buch vorlese, plötzlich sage, „Das hast Du doch schon letztes Jahr dem Nikolaus versprochen dies nicht mehr zu tun! Was machen wir jetzt?

 

 

 

 

 

 

 

 

Zunächst mal was zum „echten“ Nikolaus

 

Der „echte“ heilige Nikolaus lebte in der heutigen Türkei, in der Stadt Myra, ganz in der Nähe der Touristenhochburg Antalya.

Geboren wurde er zwischen 270 und 286 n. Chr., gestorben am 6. Dezember. Als Sterbejahr kommen 326, 345 oder 351 in Frage.

Um den Heiligen ranken sich viele Legenden.

So soll er mehrere Tote zum Leben erweckt haben.

Zu den bekanntesten Legenden gehört die Kornvermehrung.

Grundlage für unsere Nikolaustradition ist die Legende von der Beschenkung der Mädchen.

In der Nachbarschaft des Nikolaus wohnte ein Witwer mit seinen drei schönen aber armen Töchtern.

Niemand wollte sie heiraten weil sie so bettelarm waren.

Nikolaus, selbst sehr reich warf in der Nacht der ältesten Tochter ein Säckchen mit Gold durchs Fenster und sie heiratete sehr bald.

Der mittleren Tochter erging es ebenso.

Als Nikolaus auch der dritten Tochter Gold durchs Fenster warf, wurde er vom Vater beobachtet und erkannt.

Der Vater musste Nikolaus versprechen, niemandem von seiner Entdeckung zu erzählen.

 

Die Figur des Knecht Ruprecht stammt vermutlich aus dem 16. Jahrhundert.

Er stellt das vom Guten (St. Nikolaus) besiegte Böse dar, das dem Guten dienen muss.

Knecht Ruprecht tritt in manchen Gegenden als Krampus (in Bayern, Österreich, Südtirol), als Hans Muff (im Rheinland), Hans Trapp (im Elsass) oder Schmutzli (in der Schweiz, hier wird der Nikolaus „Samichlaus“ genannt) auf.

 

 

 

 

Wie alles anfing

 

Wir waren beide 16 Jahre alt und mein Nachbar suchte für seine Kinder einen Nikolaus.

Früher hatten das meine Eltern gemacht, Vater der Nikolaus, Mutter Knecht Ruprecht, aber sie wollten nicht mehr.

Somit waren Kostüme vorhanden und es gab für uns eigentlich keine Diskussion, wir wollten das machen.

Wir waren natürlich beide ganz schön aufgeregt als es 5. Dezember war.

Wir besprachen kurz, wie das Ganze ablaufen sollte – dann ging es los.

 

Die Stimme total verstellt (so dachten wir wenigstens) wurden den Kindern ihre Schandtaten vorgelesen. Sie erkannten uns natürlich sofort.

Aber die Sache hatte natürlich einen Vorteil, wir hatten gemerkt, dass uns „Nikolaus spielen“ Spaß macht.

 

Als dann im nächsten Jahr der Kindergarten Leute suchte, die den Nikolaus machen, haben wir uns natürlich sofort gemeldet.

 

Vermutlich haben wir unsere Sache recht gut gemacht, auf alle Fälle war es schon bald so, dass immer mehr Eltern sagten, sie wollen nur uns als Nikolaus.

Und immer mehr Eltern bestellten uns privat.

So mussten wir schon bald dem Kindergarten absagen, unser Terminkalender war voll.

 

 

 

 

Das geliehene Gewand

 

Es war im Dezember 1983.

Ein Bekannter kam zu uns mit der Bitte, bei der Jugend des TSV als Nikolaus und Knecht Ruprecht aufzutreten.

„Ihr braucht gar nichts mitbringen, wir haben alles!“ so war unsere Information.

Als wir uns anzogen stellten wir fest, dass kein Bischofsstab vorhanden war.

 

Also, den eigenen holen.

Weder Nikolaus noch Knecht Ruprecht war volljährig, der Transport musste daher mit dem Fahrrad erledigt werden – war ja nicht arg weit.

Als wir dann komplett waren, konnte es losgehen.

Ruprecht ging voraus, ich als Nikolaus hinterher.

Plötzlich merkte ich, dass der Bart rutscht – Sch…. (das sagt der Nikolaus doch nicht)

Ruprecht, voll im Element, hört natürlich nicht wie ich ihn zurückrufen will.

Jetzt sind wir im Raum, eine Menge Kinder, und Nikolaus rutscht laufend der Bart von der Backe.

Mit eine paar zirkusreifen Verrenkungen gelang es mir, den Stab jemandem zu übergeben und das große goldene Buch aufzuschlagen.

Ich stand immer noch da, als ob ich Zahnschmerzen hätte.

 

Zum Umblättern im Buch brauchte ich ja beide Hände.

Also, den Kopf auf die linke Seite kippen, die linke Schulter hoch ziehen, so konnte ich das Schlimmste verhindern.

Als wir diese Nummer glücklich hinter uns gebracht hatten schworen wir uns, nie mehr in einem fremden Kostüm aufzutreten.

 

 

 

 

Nikolaustreffen auf dem Christkindlesmarkt

 

 

Die „Aktion FN“ organisierte mehrere Jahre hintereinander auf dem Christkindlesmarkt an einem Samstagnachmittag ein Nikolaustreffen.

Das Ganze lief so ab, dass man sich in einem bestimmten Gebäude außerhalb der Altstadt traf und dort seine „Ausrüstung“ (Mandarinen, Schokolade, Nüsse….) bekam.

Es war natürlich für die Passanten ein tolles Bild, wenn 50 und mehr Nikolauspaare aus dem Haus kamen, entsprechend standen die Leute da und warteten.

So trafen die „Nikoläuse“ ein, den Bart am Kinn, Zigarette im Mund, den Stab über der Schulter und daherkommen wie ein Bauer – toll!!!

Dann wurden wir in die Stadt geschickt um die Kinder zu beschenken.

Diese „Spezialisten“ hatten irgendwo ein Kostüm für ein paar Mark gekauft (es sah entsprechend aus)

Denn sie wurden hauptsächlich von den 50 Mark, die jeder bekam, angelockt.

Wir hörten oft die Leute sagen: „Schau, da kommt jetzt aber mal ein schöner Nikolaus!“

Oft standen 10 und mehr Kinder um uns herum, sie gaben willig Auskunft und als dann noch alle unter Anleitung von Knecht Ruprecht „Lasst uns froh und munter sein“ sangen, wurde die Menschentraube gleich noch doppelt so groß.

 

Einmal ist auch uns dort ein Malheur passiert.

Wir gingen, nichts Böses denkend, in ein Schmuckgeschäft.

Die Verkäuferin erschrak zu Tode – Warum?

Wir hatten nicht daran gedacht, dass ja jedes Jahr Räuber im Nikolauskostüm Geschäfte ausräumen.

Wir sagten, dass wir von der „Aktion FN“ kommen und eine Kleinigkeit vorbeibringen wollen.

Die Verkäuferin und ihr Chef waren sehr erleichtert als wir wieder gingen.

Am Ende der Veranstaltung trafen sich alle auf dem Christkindlesmarkt zu einem Gruppenfoto.

Danach ging’s zurück zum Ausgangspunkt.

Wieder Bart am Kinn, Zigarette im Mund, den Stab (falls vorhanden) über der Schulter – genial!!!

Wir gingen nicht mehr zu den Treffen, die Aktion wurde zwischenzeitlich eingestellt.

 

 

 

 

 

 

Traditionen

 

In einer so langen Zeit einer gemeinsamen Tätigkeit entwickeln sich Traditionen, an denen man gern festhält.

So ist es für uns zum Beispiel eine schöne Tradition, dass wir uns schon fast eine Stunde vor dem „Einsatz“ treffen, damit wir uns stärken können.

Da gibt es immer heiße Würste   erst dann geht’s los.

 

Eine andere Tradition ist es, nach dem letzten Haus bei einem Bauern einzukehren und zu vespern.

Früher sagte der Bauer in jedem Jahr als wir eintraten: „Jetzt habe ich gerade zu meiner Frau gesagt, heute kommen sie nicht mehr!“

Leider ist die Frau inzwischen verstorben, die Tradition des Essens besteht aber (oder besser trotzdem) weiter.

 

Für uns als Nikolaus und Knecht Ruprecht ist es auch Tradition sich nicht zu erkennen zu geben.

Wir ziehen uns bei meiner Mutter im Haus an und auch wieder aus.

Der Bart und das gesamte Kostüm beleiben den ganzen Abend an.

 

Auch hat es Nikolaus nie eilig.

Lieber fahren wir bis kurz vor ein Haus, die letzten Meter aber geht, oder besser schreitet Nikolaus samt seinem Begleiter  würdevoll dem Haus zu.

 

Wir haben auch immer für Kinder Zeit, die wir auf der Strasse treffen, nicht nur Zeit, sondern auch immer eine Kleinigkeit dabei.

 

 

 

 

 

 

 

Grenzen

 

Über den Umfang an Lob und Tadel aber auch über den Umfang der Geschenke gehen die Ansichten der Eltern sehr weit auseinander.

Da wir ja auf dem Land, in einem recht kleinen Dorf wohnen, wo man die meisten Leute, auch Kinder, persönlich kennt, ist es manchmal schon verwunderlich, was ich in meinem goldenen Buch zu lesen bekomme.

Da wird zum einen der größte Lausbub zum reinsten Unschuldslamm (zumindest in den Augen der Eltern); andere Eltern gehen mit einem braven und anständigen Kind sehr hart zu Gericht.

 

Unpassend oder schon peinlich ist es auch, wenn die Mutter aufschreibt was ihr an Papa nicht passt.

Dass er zu viel trinkt, mit schmutzigen Schuhen ins Haus geht und ähnliches.

 

 

 

Zum Thema Grenzen bei Geschenken muss ich eine Begebenheit erzählen.

Wir kamen in ein Haus, von dem ich wusste, dass es nur ein Kind gibt.

Knecht Ruprecht belud vor dem Haus den Sack, einen wirklich großen Sack (in dem auch ein Lausbub Platz hätte!!!(grins...)). Doch das, was dieses Kind bekommen sollte passte nicht in den Sack.

Ich fragte mich, welch ein „Wunderkind“ das sein müsse?

Zu meiner Verwunderung las ich wenig positives im goldenen Buch.

Dem Mädchen war das allerdings alles ziemlich egal, sie sah nur den vollen Sack.

Wenn ich sie fragte bekam ich fast keine Antwort.

Jetzt öffnete Knecht Ruprecht seinen Sack  - Ski, Schlittschuhe….

Was bekommt dieses Kind zu Weihnachten?

Als ich dann noch zu ihr sagte, dass sie ja jetzt vom Nikolaus reichlich beschenkt wurde, und dass der Nikolaus ein Dankeschön, zum Beispiel ein Lied oder ein Gedicht erwarte, da sagte sie nur sie wisse nichts.

Sie erzählte nach langem Zureden von Mutter und Oma eine zusammenhanglose Geschichte von Schlümpfen, die nach 3 Sätzen mit „jetzt hab ich keine Lust mehr!“ endete.

 

In einem anderen Haus war in Knecht Ruprechts riesigem Sack eine Tüte mit einem Goldfisch – das andere Extrem.

 

 

 

 

Der erste Eindruck

 

Der erste Eindruck, wenn wir ein Haus betreten sagt oft schon viel aus.

Wenn die Familie vereint ist und singt, wenn die Kerzen brennen oder leise Weihnachtslieder zu hören sind, das macht gleich was her.

Die Familie sitzt gemütlich beisammen, es duftet nach Kerzen, Gebäck, Glühwein oder Bratäpfeln, der Nikolausbesuch wird für einen gemütlichen Abend genutzt, da ist es gleich ganz heimelig.

Nachteil hierbei ist allerdings, dass in diesen Häusern meist auch gut eingeheizt ist und Nikolaus und Knecht Ruprecht, die ja recht gut eingepackt sind, massiv schwitzen müssen.

 

In anderen Häusern gibt es gar keinen Adventskranz, Vater hockt zusammengekauert mit einer Flasche Bier in der Hand auf dem Sofa, die Beleuchtung ist auf Vollgas und womöglich läuft auch noch der Fernseher in der total verqualmten Bude.

Beim rausgehen stinkt der heilige Mann wie wenn er den ganzen Abend in der letzten Kneipe gesessen wäre.

 

Diese positiven und negativen Eindrücke sind nicht übertrieben und können einen jederzeit erwarten.

 

 

 

 

Im Schutz des Bartes

 

In vielen Fällen ist es schon gut, dass wir mit dicken, langen Bärten ausgestattet sind.

Sie verbergen oft ein Lachen, wenn die Antworten zu schlagfertig oder abenteuerlich werden.

Wenn sich kleine „Missetäter“ immer mehr in ihren eigenen Antworten verstricken und letztlich nur noch der Druck auf die Tränendrüse hilft.

In einem Haus konnte ein Mädchen immer wieder kontern, „Nein, nein Nikolaus, also das war ganz anders…“

Ihr kleiner Bruder erfreute uns im folgenden Jahr, er stand im Flur mit einer viel zu großen Seemannsmütze und rief immer: „Ich bin der Kapitän!!!“

 

Manchmal sind es auch die Erwachsenen die uns „erfreuen“.

Wenn zum Beispiel ein Mitglied der Familie so falsch singt, dass uns fast die Zehnägel aufgerollt werden.

 

Es kommt aber auch vor, dass Knecht Ruprecht oder Nikolaus selbst der Grund für „Lachanfälle“ sind

Manchmal packt eben einen der Übermut; so geschehen am 5. Dezember 2004.

Im goldenen Buch steht relativ häufig, dass Kinder schlecht hören.

Um einen Hörschaden ausschließen zu können, kontrollieren Nikoalus und Ruprecht die Ohren schlecht hörender Kinder.

In diesem Fall, Nikolaus schaut ins eine Ohr, Knecht Ruprecht ins andere.

Plötzlich ruft Ruprecht: „Hallo Nikolaus, ich kann dich sehen!!!“

 

 

 

 

…nie einer Antwort verlegen

 

Nikolaus muss immer auf „kritische“ Fragen der Kinder gefasst sein.

Er muss auch immer eine Ausrede parat haben.

Es kommen aber meist die gleichen Fragen, zum Beispiel „Nikolaus, wo hast du deinen Schlitten?“

Oder „Nikolaus, jetzt haben  wir doch keinen Schnee, wie fährt da dein Schlitten?“

Auf solche Fragen bin ich natürlich immer gefasst.

Auch im Kindergarten, wenn Nikolaus allein kommt muss die Frage „Wo ist dein Knecht Ruprecht?“ beantwortet werden.

Der ist dann entweder müde von dem schweren Sack, den er immer tragen muss, oder das Kreuz tut ihm weh.

Ich hatte einmal eine ganz neue Ausrede.

Stellt euch vor, so sagte ich, Knecht Ruprecht wollte heute morgen unsere Pferde vor die Kutsche spannen, da war eines der Pferdchen krank.

So musste er jetzt mit dem Tier zum Tierarzt und weil er nicht angemeldet war musste er wahrscheinlich lange warten, drum kommt er heute nicht mit.

 

 

 

„Wildern“ in fremdem Revier…

 

Auch Nikolaus macht mal Pause oder einen kurzen Ausflug, so geschehen an einem 6. Dezember.

Nikolaus und seine Frau waren zu Besuch beim Patenkind im Schwarzwald.

Dort kommen immer der Papa und der Onkel als Nikolaus und die lieben beiden Söhne hatten ganz schön was ausgefressen.

Nachbars Kinder waren auch da, und schon den halben Nachmittag wurde gewitzelt: „Der Nikolaus ist eh euer Papa, da braucht ihr gar keine Angst zu haben!“

Plötzlich reifte eine Idee: „Du, also ich, kommst als Nikolaus!“

Gesagt, getan. Ich musste mit dem Onkel der Buben unbedingt etwas ganz wichtiges erledigen und wir gingen, aber nur zum Umziehen.

Die Jungs proleteten: „Papa, musst du nicht gehen, der Nikolaus kommt doch bald?“

Doch der Papa blieb seelenruhig sitzen.

Und als der Papa dann auch bei Einbruch der Dämmerung sitzenblieb wurden die Sprüche der 4 Jungs immer stiller und es breitete sich eine gewisse Unruhe aus.

Als es dann am Fenster klopfte und Knecht Ruprecht hereinschaute war es aus.

Sowohl den beiden Kindern des Hauses als auch den Nachbarskindern fiel buchstäblich die Kinnlade herunter.

Schluck! Der Nikolaus ist da und Papa auch. Von wegen, da braucht ihr keine Angst zu haben, aber wer ist das wohl? Ob der auch weiß, was wir ausgefressen haben – und er wusste es. Das Planschbecken war kaputt, die Kinder hatten behauptet es waren andere, doch Mama hatte zugeschaut wie das Becken aufgeschlitzt wurde – und Nikolaus natürlich auch!!!

Ich glaube, die Jungs wissen heute noch nicht, dass ich der Nikolaus war, so kann’s gehen…

 

 

 

 

 

Nikolaus und Alkohol

 

Immer wieder werden die wildesten Märchen zu diesem Thema erzählt.

Im Tettnanger  Hinterland muss dies bis zum heutigen Tag recht böse Blüten schieben.

Da treffen sich nach dem Besuch der Kinder bis zu acht „Kloosen“-Paare um in einer Wirtschaft dem exzessiven „Kampf-Trinken“ zu frönen.

Auch der heilige Nikolaus lässt kaum mehr bischöfliches durchblicken – so erzählt man.

Meist verlassen die „heiligen“ Männer samt ihren Ruprechten erst den Treffpunkt wenn sie nicht mehr aufrecht gehen können.

In meinen Augen passt das nicht zusammen.

Auch kann man es sich in der heutigen Zeit gar nicht mehr leisten, denn auch Nikoläuse sind meist mit dem Auto unterwegs und brauchen auch am nächsten Tag noch einen Führerschein.

Nikolaus erweckt auch nicht gerade den besten Eindruck, wenn er schon leicht schwankend die gute Stube betritt, Probleme beim geraden Stehen hat und etwas lallt.

Deshalb lehnen wir meistens angebotene Getränke ab. Ein Schnäpschen zum Aufwärmen o k , mehr aber nicht.

Außerdem gestaltet es sich recht schwierig „durch den Bart“ zu trinken.

Man hebt am besten den Bart hoch und trinkt, das dürfen aber dann die Kinderchen nicht sehen.

 

Was dann nach dem letzten Haus passiert ist etwas anderes.

Da trinkt man dann schon mal ein Gläschen oder zwei.

Einmal, das ist schon weit über 10 Jahre her, da passierte es auch uns, dass sowohl Nikolaus als auch Knecht Ruprecht ziemlich „Schlagseite“ hatten.

So fuhren wir, Knecht Ruprecht am Steuer und Nikolaus auf dem Sozius johlend und singend mit dem Roller durch unsere Gemeinde. Wenn wir jemanden sahen wurde gehupt, allerdings war es einmal Ruprechts Schwiegermutter – wie peinlich.

 

 

 

 

 

 

Nachwuchs für Knecht Ruprecht

 

Schon im Sommer 2002 hatte „Frau Ruprecht“ erzählt, dass sie schwanger sei und ein „Christkindle“ bekomme.

Wir witzelten noch darüber, dass auch „Nikolaus Junior“ , der eigentlich ziemlich für den Nikolaustag „angemeldet“ war, 3 Wochen zu früh kam – das würde ja dann ganz genau passen.

Als dann im Herbst der errechnete Geburtstermin auf Mitte Dezember korrigiert wurde musste Nikolaus reagieren.

Kurze Rücksprache mit Ruprecht.

Machst du überhaupt mit oder soll ich eine Reserve besorgen?

Selbstverständlich wollte er dabei sein.

Wir trafen uns wie üblich am Nachmittag zu einer kleinen Stärkung.

„Wie geht’s daheim?“ wollte ich wissen.

„Alles bestens, da passiert heute nichts!“ antwortete Knecht Ruprecht sehr überzeugt.

 

Für alle Fälle waren wir heute beide mit Handy ausgerüstet. (Gibt’s normalerweise nicht!!!)

Wir kamen gerade aus dem 3. Haus, als uns die Mutter nachrannte, „Sofort bei Frau Nikolaus anrufen!!!“

Wir wussten beide was los war.

Der Anruf bei Frau Nikolaus bestätigte unsere Vermutung – es geht los!

Der Ersatz-Ruprecht war schon bei Mutter Nikolaus und wurde geschminkt.

Auf der Rückfahrt gab ich Knecht Ruprecht noch ein paar Tipps (als zweifacher Vater).

Ich glaube der beste war „Fahr langsam, es bringt nichts wenn du im Graben liegst!“ denn er war mächtig aufgeregt.

Mit den besten Wünschen wurde Knecht Ruprecht losgeschickt und mit „Ersatz-Ruprecht“ und einer halben Stunde Verspätung ging es weiter.

Und so bekam Knecht Ruprecht in dem Morgenstunden des Nikolaustages ein Töchterlein.

Nikolaus brachte der Kleinen standesgemäß einen Plüsch-Nikolaus mit ins Krankenhaus.

 

 

 

Kindergarten in Not

 

Die Leiterin unseres Kindergartens kam auf mich zu.

Stell dir vor, so sagte sie, der Nikolaus der in den  Kindergarten kommen sollte hat mir kurzfristig abgesagt, was soll ich nur tun?

Da im Kindergarten nur St. Nikolaus allein kommt war das auch kein Problem.

Was eher ein Problem werden könnte, auch Nikolaus’ Tochter war zu dieser Zeit im Kindergarten, hat aber nichts gemerkt.

Aus diesem einmaligen Aushelfen wurde natürlich eine Tradition – bis heute.

 

Ein oder zwei Jahre später war der Kindergarten in noch größerer Not.

Auch der letzte für den Kindergarten aktive Nikolaus hatte wegen eigener Kinder den Dienst quittiert.

Wir wollen doch für unsere Kinder einen Nikolaus haben, der nach Hause kommt!

Sie stießen natürlich nicht auf taube Ohren – allerdings geht’s nur am 6. Dezember.

Da mein Knecht Ruprecht jetzt immer Kindergeburtstag feiert, begleitet mich am 6. Dezember der „Ersatz-Ruprecht“ von der Geburt (er ist übrigens der Mann einer Erzieherin aus dem Kindergarten).

 

Und am 7. Dezember kommt jetzt immer der Nikolaus (ohne Knecht Ruprecht, der vom schweren Sack so müde ist, dass er nur noch auf dem „himmlischen“ Sofa sitzen kann) in den Kindergarten, um den Kindern am Lagerfeuer Nikolauslegenden zu erzählen und sie zu beschenken.

 

 

 

 

Ein wahrlich heiliger Mann (?)

 

 

Wie in einem vorigen Kapitel schon beschrieben bekommen Sankt Nikolaus und Knecht Ruprecht manchmal ein Schnäpschen angeboten, das nicht immer abgelehnt wird.

An diesem Abend war es allerdings fast zu „trocken“, wir bekamen gar nichts.

So schlug Sankt Nikolaus seinem Knecht vor, beim Ablegen des Gewandes bei „Mutter Nikolaus“ noch ein Gläschen zu trinken.

Nikolaus holte im Keller die Flasche mit dem Etikett „Williams“, der Hersteller versprach gute Qualität.

Eingeschenkt – getrunken – das schmeckt ja nach WASSER!!!

Mutter Nikolaus hatte WEIHWASSER in die Flasche gefüllt – eigentlich das optimale Getränk für einen „Heiligen“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stirbt hier eine Tradition?

 

 

Ich habe den Verdacht, dass selbst bei uns auf dem Land die Tradition des Nikolausbesuches ganz langsam ausstirbt.

Gut, die „privaten“ Familien, die den Nikolaus direkt bestellen bleiben uns treu, es fallen manche wegen des Alters der Kinder weg, es kommen aber immer wieder auch neue dazu.

Im Kindergarten sieht die Sache ganz anders aus.

Hatten wir dort vor zwei bis drei Jahren auch noch  ca. 8 Häuser mit über 30 Kindern zu besuchen, so waren es im ‚Jahr 2005 nur noch drei Familien mit 8 Kindern (davon aber nur 5 Kindergarten-Kinder), die im Kindergarten einen Nikolaus bestellten.

In einer Familie wurden die Kinder krank, dann wären es eben vier gewesen.

 

Haben die Eltern Angst davor, dass die Kinder die Rute bekommen?

Haben sie Angst vor einem seelischen Knacks ihrer ach so lieben und sensiblen Kinderlein?

Oder ist es einfach die Bequemlichkeit und Egoismus?

Ich muss ja überlegen was die Kinder gut und schlecht gemacht haben.

Man muss zu einem bestimmten Termin zuhause sein.

Womöglich muss man sogar noch jemanden einladen.

Oder gar die Wohnung adventlich schmücken.

 

 

 

 

 

 

 

???

 

So wurden seit 5. Dezember 1982 aus 2 Kindern über 80, aus einer „Einsatzzeit“ von 20 Minuten mit dem Besuch im Kindergarten über 10 Stunden.

Und trotz, oder gerade weil, es viele Termine und damit viele Kinder sind freuen wir uns in jedem Jahr auf diesen Tag.

 

Es ist wichtig solche Traditionen aufrecht zu erhalten.

Kinder werden von den Medien so stark beeinflusst, sie erfahren so vieles, und da ist so eine Begegnung mit dem Nikolaus, in der das Kind wirklich Kind sein darf und Kind sein soll so wichtig.

Dieses Gefühl zwischen Angst vor Knecht Ruprechts Rute und der Freude und der Spannung was wohl im Sack sein wird.

Dieses Vermuten, dass es diesen Typen ja gar nicht gibt, das alles nur gespielt ist.

Und trotzdem – er weiß alles – woher wohl?

Schaut er tatsächlich durch die Fenster zu uns herein?

Aber, wer weiß das schon so genau….


 
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