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„Stirbt Gott, so haben wir noch den heiligen Nikolaus“, so sagt ein altes russisches Sprichwort. Solche Bedeutung hatte Nikolaus von Myra im alten Russland und solches Vertrauen setzte man in ihn. Zuweilen gerieten den Menschen zwar die neuen christlichen Lehren und alte heidnische Anschauungen ein wenig durcheinander, und der Bischof von Myra wurde ihnen zu einer mythischen Gestalt. Die Mythen von „Santa“, „Väterchen Frost“ und dem „Weihnachtsmann“ verdrängen den historischen Nikolaus und halten ihn doch zugleich gegenwärtig. Die bunte Hülle des christlichen Heiligen teilen sich Werbefachleute und Verkaufsstrategen. Sie stutzen sein Gewand modisch zurecht zu Weihnachtsmännern, kaminentsteigenden Santas, Pin-ups in roten Bademänteln mit weißem Pelzbesatz und in den gleichen Farben auftretenden Fabelwesen. Man verdient gut an Mythen, die man selbst nicht schaffen kann, und die sich aber als äußerst zählebig erweisen. Was dabei an historischem Inhalt verloren geht, betrifft eher die Christen als die Werbewirtschaft. Was also haben wir an ihm, dem Mann, der hinter dem modernen Mythos fast unsichtbar wird? Zu seinen Lebzeiten hat man über ihn gesprochen, so wie man auf der Strasse und in der Kneipe über Leute redet. In unsere Situation und Alltagssprache übertragen könnte das, was man sich im 4. Jahrhundert in Myra erzählte, etwa so lauten: „Der Typ ist echt gut. Der hat den totalen Durchblick. Der weiß, was Sache ist. Wenn du den anhaust, der lässt dich nicht hängen. Ehrlich, der macht keine Unterschiede.“ So ist es uns eine besondere Ehre das Gedenken an diesen wohl einmaligen Menschen aufrecht zu erhalten und den Kindern das Erlebnis, einmal vor dem „echten heiligen Nikolaus“ zu stehen, zu ermöglichen – und das seit 1982.

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